Motivation
Flügel aus Kunststoff sind leichter als ihre metallischen Gegenstücke. Die geringere Dichte im Vergleich zu Metall erleichtert den Austausch der Flügel unter Wasser durch Taucher. Das geringere Gewicht und die einfachere Handhabung bedeuten, dass Reparaturen und Wartungen effizienter und sicherer durchgeführt werden können. Außerdem sind Kunststoffe von Natur aus korrosionsbeständig und bringen hervorragende Eigenschaften im Bereich des Kavitationserosionswiderstands mit, was sie ideal für den Einsatz in maritimen Umgebungen macht.
Kunststoff-Impellerflügel haben eine bessere Fähigkeit, Schwingungen und Vibrationen zu dämpfen als Metallflügel. Dies führt zu einer reduzierten Geräuschentwicklung während des Betriebs. Geringere Lärmemissionen tragen nicht nur zur Komfortsteigerung an Bord bei, sondern sind auch umweltfreundlicher, da sie die Lärmbelastung in maritimen Umgebungen verringern.
Einsatz im SRT Propulsion System
Der SRT (SCHOTTEL RimThruster) ist ein Antrieb, welcher zur Verbesserung der Manövrierfähigkeit im Bug oder Heck von Schiffen verbaut wird. Sehr häufig findet diese Antriebsart im Yacht-Bereich ihre Anwendung. Dabei wird der Antrieb quer zur Fahrtrichtung eingebaut und nicht als Hauptantrieb eingesetzt. Besonders nützlich ist er in engen Häfen oder bei komplexen Manövern. Auch kann dieser Antrieb im follow-the-sun-DP-Modus betrieben werden. Dabei wird das Sonnendeck, einer Yacht über das dynamische Positionierungssystem kontinuierlich dem Tagesverlauf der Sonne angepasst.
Der SRT ist ein gänzlich elektrisches Antriebssystem ohne Getriebe und Antriebswelle. Der Stator des Elektromotors befindet sich am äußeren Durchmesser des Antriebs, auf der Innenseite des Rotors sind die Impellerflügel befestigt. Das Ergebnis ist ein raumsparender und gewichtsreduzierter Antrieb, der die elektrische Energie direkt in Schub umsetzt – eine Geräuschemission durch Getriebe oder sonstige mechanische Komponenten entfällt.
Absicherung durch Simulation und Test
Eine Neuentwicklung für einen angestrebten Metallersatz erfordert eine virtuelle, kunststoffgerechte Produktentwicklung und einen abschließenden physikalischen Test. Modellerstellung und Simulation wurden mit Altair Hypermesh durchgeführt, als Solver das integrierte Altair Optistruct. Für den Festigkeitsnachweis wurde über das Altair Partnerprogramm (APA) mit den bereits vorhandenen Altair Lizenzen auf das Drittanbieter-Programm S-Life Plastics von PART Engineering zugegriffen, um einen vereinfachten Festigkeitsnachweis für Kunststoffe zu ermöglichen.
Ziel war sowohl der statische Festigkeitsnachweis als auch der Ermüdungsfestigkeitsnachweis unter Wasser- & Temperatureinfluss bei wechselnder, punktsymmetrisch anliegender Last am Flügel mit einer Lastspielzahl im Bereich hoher Lebensdauer. Die nötigen Ergebnisse zur Beurteilung liefert hier S-Life Plastics, das mit einem vereinfachten Nachweis auf Basis weniger, üblicherweise vorhandener Materialdaten sowohl statische als auch zyklische Festigkeitsnachweise durchführt. Der Auslastungsgrad war zunächst zu hoch (Bild 3), woraufhin die Flügelgeometrie angepasst und der Übergangsradius im kritischen Bereich erhöht wurde (Bild 2). Eine kleine Änderung, mit großer Auswirkung. Der erneute Festigkeitsnachweis zeigte keine Überschreitung der Designgrenzen mehr (Bild 4).
Nach der Berechnung wurde ein Versuch zur Validierung des Ermüdungsfestigkeitsnachweises durchgeführt. Hierbei wurde, um die Versuchszeit zu verkürzen, nochmal eine Simulation mit einer Überbelastung gerechnet. Mit dieser Überlast sollte der Flügel im Versuch laut Nachweis nach ca. erste werkstoffliche Schädigungen aufweisen (Bild 2).
Im Versuchsaufbau wurde der Flügel durch Zylinder alternierend einer Biegebelastung ausgesetzt. Dabei wurden die Zylinder so positioniert und ausgerichtet, dass es zu spannungs- bzw. auslastungsäquivalenten Ergebnissen im Vergleich zur Berechnung kommt. Vor dem Biegeversuch wurde der Flügel auf Vorschädigungen untersucht.
Nachdem der Flügel die erwartete Lastspielzahl trotz Überbelastung im Biegeversuch ohne Schädigungen überstanden hatte, wurde die Überlast nochmals erhöht. Auch diese Überbelastung wurde für die geforderten Lastspiele aufgebracht und wurde ohne sichtbare Schädigung überstanden.
Nach der optischen Bewertung möglicher werkstofflicher Schädigung wurde der Flügel mehreren zerstörungsfreien Prüfverfahren unterzogen. Auch hiermit konnte keine Schädigung nachgewiesen werden. Die Berechnung wurde demnach validiert und zeigt darüber hinaus, dass die im vereinfachten Verfahren genutzten Sicherheiten für eine risikoarme Auslegung im Entwicklungsprozess geeignet sind.
Fazit
Die erfolgreiche Entwicklung von Kunststoff-Impellerflügeln ist ein Fortschritt in der Schiffsantriebstechnologie. Kunststoffmaterialien bieten Vorteile hinsichtlich Gewicht, Korrosionsbeständigkeit, Designflexibilität, Geräuschreduzierung und Wartung. Diese Eigenschaften tragen zur Effizienzsteigerung und Umweltfreundlichkeit von Schiffsantriebssystemen bei und unterstützen die maritime Industrie bei der Bewältigung aktueller Herausforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Leistungsfähigkeit.
Die Ergebnisse der Simulation zeigten eindrücklich welche Bereiche noch Optimierungspotenzial besitzen. Der softwaregestützte Festigkeitsnachweis bietet selbst bei gesteigerter Last zur Reduzierung der Test-Zyklenzahl eine ausreichende Sicherheit.
Das Lizenzsystem von Altair und die damit einhergehenden Möglichkeiten unterstützen die Entwicklungsarbeit enorm. Die Ergebnisse der Simulation und der Festigkeitsbewertung mit S-Life erhöhen unsere Zuversicht in Neuentwicklungen vor der Validierung durch Tests.
Die SCHOTTEL GmbH, gegründet 1921 in Spay am Rhein, Deutschland, ist ein führendes Unternehmen in der Entwicklung und Herstellung von Antriebssystemen für maritime Anwendungen. Mit einem umfassenden Portfolio verschiedener Antriebssysteme bedient SCHOTTEL eine breite Palette von Schiffstypen, darunter u.a. Schlepper, Fähren, Yachten, Offshore und Forschungsschiffe.
Autor: Benjamin Dyck, Produktentwicklung TPE, SCHOTTEL GmbH, Schottelstr. 1, 56281 Dörth
Co-Autor: Sascha Pazour, Berechnungs- und Vertriebsingenieur, PART Engineering GmbH, Bergisch Gladbach