Effiziente Homogenisierung kurzfaserverstärkter Kunststoffe

Erstellt von Dr. Wolfgang Korte | | Technischer Artikel

Unabhängige Studie zeigt überlegene Technologie von CONVERSE

Eine unabhängige Studie zur Bewertung kommerzieller Homogenisierungs-Software [1] zeigt, dass Converse von PART Engineering eine zu den Wettbewerbern überlegene Leistungsfähigkeit in Bezug auf Genauigkeit und Rechengeschwindigkeit hat. In diesem Beitrag werden zunächst die Ergebnisse der Studie zusammengefasst und kommentiert. Im Weiteren werden die in Converse implementierten wesentlichen Technologien erläutert, die zu diesem Leistungsvorteil führen. Die hier zitierte Studie ist frei zugänglich, auf sie kann über den Link im Literaturhinweis am Ende dieses Beitrags zugegriffen werden.

Studien-Design

In der Studie [1] wurden die vier kommerziellen Homogenisierungs-Softwareprodukte bzw. Tools Converse, Digimat, Materialmodell PLY15 in PamCrash und eine User-Subroutine von AsahiKasei untersucht. Die entsprechenden Referenzen zu den genannten Produkten sind in der Studie aufgeführt. Die Untersuchungen wurden an spritzgegossenen Prüfstäben bzw. Platten aus einem PP+GF30 durchgeführt. Es wurden unterschiedliche Winkellagen der Prüfstäbe zur Spritzrichtung (0°, 30°, 90°) als auch unterschiedliche Belastungsarten und Prüfgeometrien (Zug, ungekerbt u. gekerbt / Biegung, Durchschlag) untersucht. Die jeweiligen Materialmodelle wurden mit uniaxial gemessenen Materialkennwerten kalibriert. Basis für alle Simulationen waren mittels mikro-Computertomographie (µ-CT) gemessene Faserorientierungen. Für alle Winkellagen und Belastungsarten wurden mit den unterschiedlichen Produkten entsprechende FEM-Simulationen durchgeführt und die erhaltenen Spannung-/Dehnungs- bzw. Kraft-/Verformungs-Kurven mit den experimentell ermittelten Kurven verglichen. Die Bewertungskriterien waren technischer als auch operativer Natur:

  • Genauigkeit der Abbildung des experimentellen Kurvenverlaufs
  • Genauigkeit der Vorhersage des Versagenseintritts
  • Rechenzeit
  • Handhabbarkeit

Studien-Ergebnisse

Die Gegenüberstellung der mit den verschiedenen Produkten erzielten Ergebnisse erfolgte in der Studie in anonymisierter Form (Tool A, Tool B, Tool C, Tool D). Allerdings ist aus der in der Studie genannten technologischen Merkmale der verschiedenen Produkte abzuleiten, dass Tool B für Converse steht. Dies ergibt sich daraus, dass in der Studie dargelegt wird, dass einzig Tool B das full-Mori-Tanaka Verfahren zur Homogenisierung sowie das Maximum-Entropie-Verfahren zur Rekonstruktion der Orientierungsverteilung aus dem Orientierungstensor verwendet. Schon eines dieser beiden Merkmale ermöglicht eine eineindeutige Zuordnung. Auf die Identifikation der anderen anonymisierten Produkte wird hier verzichtet.

Zusammenfassend ist in Bild 1 die für alle Belastungsarten relative Abweichung der Versagensprognose zum Versuch der verschiedenen Produkte dargestellt. Converse zeigt in der Mehrzahl der Belastungszustände die geringste Abweichung und damit die beste Prognosegüte.

In Bild 2 ist ein Vergleich der Rechenzeiten in normierter Form dargestellt. Converse weist die absolut geringste Rechenzeit auf und dient in der Darstellung mit dem Wert 1 als Referenz zur Normierung. Die konkurrierenden Produkte erzielten Rechenzeiten im Bereich zwischen 30 % und 200 % ! länger als Converse.

Überlegene Technologien in Converse

Im Folgenden werden die in Converse implementierten wesentlichen Technologien erläutert, die zu dem oben dargestellten Leistungsvorteil führen.

Homogenisierung

Die Homogenisierung ist ein Konzept, das im Rahmen der sogenannten Multiskalen-Materialmodellierung (Multiscale Material Modeling) angewendet wird. Es existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Homogenisierungskonzepte. Das Ziel der Homogenisierung ist immer, das Werkstoffverhalten eines inhomogenen Werkstoffs, der aus mehreren Komponenten besteht, als ein homogenes Kontinuum zu beschreiben. Dies ermöglich eine numerisch effiziente Behandlung des Werkstoffs in der Simulation. Der mathematisch homogenisierte Werkstoff soll dabei idealerweise identische mechanische Eigenschaften (z.B. Anisotropie) besitzen, wie der physikalisch inhomogene Werkstoff (Bild 3). Inwieweit dies gelingt, hängt dabei auch vom gewählten Homogenisierungskonzept ab, da sich die Beschreibungsgüte der verschiedenen Homogenisierungskonzepte unterscheidet. Converse verwendet als einziges der in der Studie untersuchten Produkte das full-Mori-Tanaka Verfahren, alle anderen Produkte das sogenannte Pseudo-Grain Verfahren. Das full-Mori-Tanaka Verfahren berücksichtigt bei der Homogenisierung im Gegensatz zum Pseudo-Grain Verfahren auch die Interaktion zwischen den verschiedenen Fasern in der Matrix, da die Matrix als ein Kontinuum aufgefasst wird. Dies entspricht damit eher der physikalischen Situation im Werkstoff. Auf die Unterschiede zwischen den Verfahren und die theoretischen Hintergründe wird in der Studie eingegangen.

Rekonstruktion der Orientierungsverteilung

Eine Voraussetzung zur Beschreibung des anisotropen Werkstoffverhaltens von kurzfaserverstärkten Kunststoffen ist die Kenntnis der lokalen Faserorientierung. Der lokale Orientierungszustand wird üblicherweise in Form des Orientierungstensors beschrieben. Der Orientierungstensor kann entweder experimentell, wie in der Studie über µCT-Messungen, oder simulativ über eine Spritzgießsimulation erhalten werden.  Im Rahmen der Homogenisierung wird allerdings die Faserorientierungsverteilung (ODF orientation distribution function) benötigt. Der Orientierungstensor liefert also nur mittelbar eine Information über die ODF, diese muss aus dem Orientierungstensor berechnet werden (Bild 4).

Eine Problematik dabei ist, dass der Orientierungstensor die ODF nicht eineindeutig beschreibt. Unterschiedliche ODFs können über den gleichen Orientierungstensor dargestellt werden. Üblicherweise wird zur Berechnung der ODF aus dem bekannten Orientierungstensor 2. Stufe ein Orientierungstensor 4. Stufe benötigt. Dieser kann analytisch nicht direkt hergeleitet werden, deshalb werden sogenannte Schließungsansätze (closures) verwendet. Eine solche Vorgehensweise wird in den konkurrierenden Produkten verwendet. In Converse hingegen wird ein Maximum-Entropie Verfahren verwendet, das ohne einen solchen Schließungsansatz auskommt. Das Maximum-Entropie Verfahren führt in der Regel zu einer guten Rekonstruktion der zugrundeliegenden ODF, Details hierzu sind in [2] beschrieben.

Plastizität und Versagensmodellierung

Gemäß der Studie verwenden Tool A und Tool C Versagenskriterien, die auf der Pseudo-Grain Ebene definiert sind. In Converse und Tool D hingegen wird das Versagen makroskopisch betrachtet. In Converse wird insbesondere eine hybride Materialmodellierung verwendet. Das lineare Verhalten des Werkstoffs wird mit dem oben dargestellten Multiskalenmodell beschrieben. Das plastische Verhalten wird auf Basis einer modifizierten Hill-Fließfläche abgebildet. Dies ermöglicht eine numerisch äußerst effiziente Handhabung des nichtlinearen plastischen Werkstoffverhalten bei gleichzeitig guter Abbildung des Versagensverhaltens auch für mehraxiale Belastungszustände, wie die Studie zeigt. Auf Pseudo-Grain Ebene definierte Versagenskriterien bieten hier offensichtlich keine Vorteile bei gleichzeitig deutlich höherem numerischem Aufwand.

Technologische Umsetzung

Die originär von PART Engineering entwickelte Technologie der Pre-Homogenized Materialkarten, ermöglicht die Verwendung von solver-internen Materialmodellen. Converse wird in diesem Sinne „nur“ dazu benutzt alle erforderlichen Materialmodellparameter im Pre-Processing einmalig zu berechnen und diese für die im jeweiligen FEM-Solver vorhandenen Materialmodelle zu exportieren. User-Subroutinen bzw. eine Co-Simulation mittels eines externen Materialmodells zur Laufzeit der Simulation sind somit nicht erforderlich (Bild 5). Dies ermöglicht eine numerisch äußerst effiziente Simulation, wie auch die Studie anhand der Rechenzeiten belegt (Bild 2). Weiterhin steht so die volle innerhalb des jeweiligen Solvers vorhandene Funktionalität zur Verfügung, wie z.B. Multiprozessor-Fähigkeit. Ein weiterer Vorteil ist, dass während der Laufzeit der Simulation kein Lizenzbezug für Converse erforderlich ist, da Converse nur zur Erstellung der Materialkarten benötigt wird. Dadurch, dass Converse das gesamte anisotrope Werkstoffverhalten in Form von lesbaren Materialkarten exportiert, ist eine problemlose Weitergabe der Materialkarten an Mitarbeiter und Kunden möglich. Im Sinne der Qualitätssicherung und Dokumentation der durchgeführten Simulation bietet das Konzept erhebliche Vorteile, da auch langfristig auf die Daten zugegriffen werden kann, selbst falls eine Converse-Lizenz nicht mehr zur Verfügung steht.

Fazit

Die Studie belegt, dass die Komplexität der implementierten Materialmodelle und der Vorgehensweise weder ein Maßstab für die Praxistauglichkeit noch für die Ergebnisgenauigkeit ist. Eher wird das Gegenteil belegt: Mit Converse können gleichzeitig eine gute Prognosegüte und kurze Rechenzeiten erzielt werden. Das Konzept des offenen Datenhandlings von Converse ermöglicht eine problemlose technische und organisatorische Integration in bereits bestehende CAE work-flows und Software-Infrastruktur. Die mit Converse ausgelieferte Datenbank enthält bereits vorkalibrierte Materialmodelle für viele Kunststoff-Handelstypen, es existieren Schnittstellen zu bekannter FEM-Software.

Converse bietet damit einen Easy-to-Use Ansatz zur werkstoffgerechten Simulation von Kunststoffen, der auch von gelegentlichen Anwendern und Nicht-Werkstoffexperten beherrscht werden kann. Dies entspricht unserem Anspruch praxistaugliche Software anzubieten, die in der täglichen Arbeit schnell, robust und verlässlich Ergebnisse liefert.

[1] Veltmaat, L.*; Endres, H.J.**; Bittner, F.**: Bewertungsmethodik kommerziell erhältlicher Homogenisierungs-Software für die optimierte Simulation des mechanischen Verhaltens kurzfaserverstärkter Kunststoffe. Zeitschrift Kunststofftechnik 17(2021)3, S. 129-151, *Volkswagen AG, **Institut für Kunststoff- und Kreislaufwirtschaft, Leibniz Universität Hannover

[2] Breuer, K.; Stommel, M.; Korte, W.: Analysis and Evaluation of Fiber Orientation Reconstruction Methods. J. Compos. Sci.2019, 3(3), 67, https://doi.org/10.3390/jcs3030067

Autor

Dr. Wolfgang Korte, Geschäftsführer PART Engineering GmbH, Bergisch Gladbach

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