Bindenähte in Kunststoffbauteilen sind meist mechanische Schwachstellen, sie besitzen im Vergleich zum Grundmaterial reduzierte Festigkeiten. Es existieren viele wissenschaftliche Untersuchungen zu Bindenahtfestigkeiten. Jedoch fehlt eine strukturierte Aufbereitung in der Art, dass der Praktiker mit den üblicherweise vorliegenden Werkstoffdaten zumindest eine plausible Abschätzung der Bindenahtfestigkeit durchführen kann. Dieser Artikel greift dieses Problem auf und stellt eine Vorgehensweise vor, die dies ermöglicht. Hierzu wird zunächst auf die Entstehung von Bindenähten eingegangen. Dann werden verschiedene Arten von Bindenähten charakterisiert. Weiterhin erfolgt eine Gruppierung der Kunststoffklassen nach Sensibilität hinsichtlich Bindenähten. Schließlich wird auf Basis einer Literaturauswertung und einer daraus abgeleiteten statistischen Analyse eine praktische Vorgehensweise zur Abschätzung von Bindenahtfestigkeiten dargestellt.
Wie entstehen Bindenähte?
Bindenähte entstehen beim Zusammenfließen von getrennten Schmelzeströmen. Dies kann von Fließhindernissen im Fließkanal wie Durchbrüchen (Bild 1, oben rechts, unten links) verursacht sein, oder durch mehrere Anspritzpunkte (Bild 1, oben links, unten rechts). Auch können unterschiedliche Wanddicken zu Bindenähten führen, indem geringere Wanddicken zu einer Fließverzögerung gegenüber Bereichen größerer Wanddicken führen.
Die dabei entstehenden Nähte können charakterisiert werden einerseits als die eigentlichen Bindenähte (engl. weldline), die auch als stagnierende Naht bezeichnet werden und andererseits als sogenannte Fließnähte (engl. meldline). Damit wird angedeutet, dass bei den Bindenähte nach dem Zusammenfluss der Schmelzefronten keine weitere Bewegung mehr stattfindet, bei den Fließnähten hingegen wird die Naht mit der Strömung durch das Bauteil transportiert. Die Ausbildung der beiden Nahtformen kann über den Zusammenflusswinkel quantifiziert werden. In Bild 2, links ist eine Bindenaht dargestellt, hier ist der Zusammenflusswinkel 0°, die Schmelzefronten treffen stumpf aufeinander. In Bild 2, rechts ist die Ausbildung einer Fließnaht dargestellt. Während direkt hinter dem Fließhindernis noch nahezu von einer stagnierenden Bindenaht ausgegangen werden kann (Zusammenflusswinkel klein), vergrößert sich der Zusammenflusswinkel mit zunehmendem Abstand vom Fließhindernis. Bis zu einem Zusammenflusswinkel von 135° wird noch von einer Bindenaht gesprochen, bei größeren Winkeln hingegen von Fließnähten. Je größer der Zusammenflusswinkel ist, desto geringer wird der festigkeitsmindernde Einfluss der Bindenaht. Bei Winkeln in der Größenordnung von 140°-150° (weldline vanishing angle [2]) ist kein Nahteinfluss mehr auf die Festigkeit feststellbar. Dies stellt also einen ersten Orientierungspunkt dar, da in der Regel die Spritzgießsimulationsprogramme den Zusammenflusswinkel ausgeben, können Nahtpositionen mit Winkeln = 135° in erster Näherung vernachlässigt werden. Dies bezieht sich nur auf den Festigkeitseinfluss sehr wohl können Nähte mit größeren Winkeln zu optischen Defekten führen. Die stagnierende Bindenaht mit einem Zusammenflusswinkel von 0° ist bezüglich des Festigkeitsverlustes die kritischste Naht.
Einflussfaktoren auf die Nahtfestigkeit
Um eine sinnvolle Abschätzung der Bindenahtfestigkeit machen zu können, ist ein Verständnis der physikalischen Effekte, die sich bei der Nahtentstehung auf mikromechanischer und molekularer Skala abspielen hilfreich. Daraus abgeleitet können dann Einflussfaktoren auf die Nahtfestigkeit definiert werden. Hier werden zunächst nur ungefüllte und unverstärkte Werkstoffe besprochen, eine Faserorientierung wird weiter unten dargestellt.
Im Wesentlichen sind zwei physikalische Effekte maßgebend: die molekulare Interdiffusion und die molekulare Orientierung (Bild 3). Unter der molekularen Diffusion wird der gegenseitige Austausch der Makromoleküle über den Kontaktbereich der Schmelzefronten verstanden. Bei idealer Diffusion wäre die Naht vollständig ausgeheilt und es wäre kein festigkeitsmindernder Einfluss mehr feststellbar. Begünstigt wird die Diffusion durch eine hohe molekulare Beweglichkeit, diese wiederum wird begünstigt durch niedrigere Molekulargewichte bzw. Kettenlängen der Makromoleküle. Ebenso günstig wirken höhere Temperaturen die zu größeren Mikro-Brownschen Bewegungen und damit freien Volumina zwischen den Molekülen führen. Ein makroskopisch zugängliches Maß für die molekulare Beweglichkeit ist die Viskosität. Je niedriger sie ist, desto besser kann die Interdiffusion stattfinden. Ein größerer Abstand der Schmelzefronttemperatur zur Glasübergangstemperatur Tg des Werkstoffs führt auch zu längeren Zeiträumen für den Ausheilungsprozess, der erst als beendet betrachtet werden kann, wenn Tg unterschritten wird, da dann die molekulare Beweglichkeit nahezu eingefroren ist. Infolge der Dehnströmungen in der Schmelzefront (siehe Bild 7, oben rechts) entstehen molekulare Orientierungen parallel zur Nahtebene die damit ungünstig für die Nahtfestigkeit wirken, je höher die Viskosität, umso ausgeprägter sind diese Orientierungen. Auch wird argumentiert, dass diese molekularen Orientierungen verantwortlich sind für eine V-förmige Kerbe an der Nahtoberfläche, indem durch die Orientierung Spannungen entstehen, die Material in die Naht hineinziehen. Die Kerbe hat eine Tiefe in der Größenordnung von wenigen Mikrometern bis zu 50 µm (siehe Bild 5). Ein quantifizierbarer Einfluss auf die Festigkeit ist nicht bekannt. Die Orientierungen können zu Eigenspannungen in der Naht führen, die dann auch im Bauteil verbleiben. Bei teilkristallinen Kunststoffen spielen zusätzlich zu den oben dargestellten Einflüsse die Kristallisationsvorgänge eine Rolle, auf die hier jedoch nicht weiter eingegangen wird.
Aus der Literatur sind unterschiedliche Modelle bekannt, die Bindenahtfestigkeit mathematisch zu modellieren (siehe Review z.B. in [2]). Zu nennen sind zum einen molekulardynamische Modelle, die versuchen die molekulare Beweglichkeit der Makromoleküle abzubilden und zum anderen empirische Modelle die auf Basis von Versuchen einen Zusammenhang zwischen Versuchsparametern und Nahtfestigkeit herstellen. Aus den dargestellten Zusammenhängen kann abgeleitet werden, dass die folgenden messbaren Parameter vermutlich einen Einfluss auf die Nahtfestigkeit haben: Viskosität, Glasübergangstemperatur, Schmelzetemperatur.
Abschätzung von Bindenahtfestigkeiten
Im Folgenden wird eine Vorgehensweise abgeleitet, die es erlaubt mit einfachen Mitteln eine praktikable Abschätzung von Bindenahtfestigkeiten durchzuführen. Hierbei fließen ausschließlich Werkstoffkennwerte ein, die üblicherweise zur Verfügung stehen, Prozessparameter aus einer Spritzgießsimulation werden nicht benötigt.
Studien-Design
Die Untersuchung erfolgte auf Basis einer Literaturrecherche zum Themenkomplex Bindenahtfestigkeit und molekulardynamische Diffusionsvorgänge in der mehr als 60 Veröffentlichungen aus dem Veröffentlichungszeitraum von 1950 bis 2023 berücksichtigt wurden. Eingeschränkt wurde die Nutzbarkeit der Quellen dadurch, dass die Versuchsbedingungen teilweise nicht nachvollziehbar, Ergebnisse unvollständig oder für verwendete Kunststofftypen keine konsistenten Werkstoffkennwerte ermittelbar waren. Insofern basieren die Untersuchungsergebnisse auf einer Teilmenge der Quellen, die dennoch als repräsentativ betrachtet werden kann. In die quantitative Analyse sind insgesamt 42 Datenpunkte für unterschiedlichste Kunststofftypen eingeflossen. Eigene experimentelle Untersuchungen wurden nicht durchgeführt. Es werden nur Daten für stagnierende Bindenähte berücksichtigt (siehe Bild 1), es erfolgt also eine konservative Abschätzung.
Sensibilität von Kunststoffklassen auf Bindenähte
Als Ausgangspunkt der Analyse hat es sich als sinnvoll erwiesen die Kunststoffe nach Werkstoffklassen im Hinblick auf ihre Bindenaht-Sensibilität wie folgt einzuteilen:
- teilkristalline unverstärkte Kunststoffe
- amorphe unverstärkte Kunststoffe
- kurzfaserverstärkte Kunststoffe (amorph und teilkristallin)
Auf gefüllte Werkstoffe mit Füllstoffen wie z.B. Glaskugeln, Talkum, Glimmer etc. wird hier nicht weiter eingegangen, da diese nochmal separat betrachtet werden müssen.
Exemplarisch sind in Bild 4 Bindenahtfaktoren als Verhältnis von Bindenahtfestigkeit zu Grundmaterialfestigkeit nach Werkstoffklassen dargestellt. Die Box gibt jeweils den Bereich vom ersten bis zum dritten Quartil der Werte an, die horizontale Linie in der Box den Medianwert. Es sind deutlich unterschiedliche Verteilungen der Bindenahtfaktoren nach Werkstoffklassen zu erkennen.
Teilkristalline unverstärkte Kunststoffe
Bemerkenswert ist, dass die teilkristallinen unverstärkten Kunststoffe (grüne Box) durchgängig hohe Bindenahtfaktoren aufweisen (Median 0,96) und teilweise sogar die Festigkeit des Grundmaterials erzielen bei vergleichsweise geringer Streuung. In Bild 5 ist exemplarisch eine mikroskopische Aufnahme der Bindenaht eines unverstärkten PA66 dargestellt. Ein Bindenahtbereich ist morphologisch nicht erkennbar, abgesehen von der strukturellen V-Kerbe. Die Kristallite sind über den ehemaligen Kontaktbereich der Schmelzefronten homogen gewachsen. Es hat eine vollständige Ausheilung der Naht stattgefunden.
Amorphe unverstärkte Kunststoffe
Die Bindenahtfaktoren der unverstärkten amorphen Kunststoffe sind im Mittel deutlich geringer (Median 0,55) als bei den teilkristallinen unverstärkten Kunststoffen. Die Streuung ist allerdings höher, was zu einem großen Teil durch den Ausreißer für Polycarbonat (PC) bedingt ist. Hierzu wird in Bild 6 eine physikalisch begründete Erklärung gegeben. Für unverstärkte amorphe und teilkristalline Kunststoffe ist der Bindenahtfaktor dargestellt, links über der Temperaturdifferenz zwischen Spritzgießverarbeitungstemperatur (Tmelt) und Glasübergangstemperatur (Tg) und rechts über der Viskosität. Deutlich wird hier, dass sowohl die Temperaturdifferenz als auch die Viskosität die beiden Werkstoffklassen klar diskriminieren, in jeweils umgekehrter Richtung. Die teilkristallinen Kunststoffe weisen durchgängig eine höhere Temperaturdifferenz auf bei gleichzeitig niedrigerer Viskosität (außer PC!) als die amorphen Kunststoffe. Die sehr niedrige Viskosität des Polycarbonat im Vergleich zu allen anderen amorphen Kunststoffen und sogar zu den meisten teilkristallinen Kunststoffen ist der Grund für die hohe Bindenahtfestigkeit. In Übereinstimmung mit den oben beschriebenen physikalischen Effekten, ist die Viskosität ein Maß für die molekulare Beweglichkeit. Niedrige Viskositäten begünstigen die Interdiffusion und damit höhere Bindenahtfestigkeiten. Analog begünstigen hohe Temperaturdifferenzen die Interdiffusion. Bis zum Erreichen der Glasübergangstemperatur, unterhalb der nahezu keine molekulare Beweglichkeit mehr vorliegt, steht mehr Zeit für die Interdiffusion zur Verfügung. Die Temperaturdifferenz ist bei den teilkristallinen Kunststoffen generell höher als bei den amorphen Kunststoffen (Bild 6, links).
Kurzfaserverstärkte Kunststoffe (amorph und teilkristallin)
Die kurzfaserverstärkten Kunststoffe zeigen gemäß Bild 4 eine breite Streuung der Bindenahtfaktoren im Bereich von ca. 0,15 bis 0,9 (orange Box). Diese Kunststoffe erfordern eine tiefergehende Betrachtung. In Bild 7 sind oben rechts die Strömungsvorgänge an der Schmelzefront dargestellt und unten rechts die sich daraus ergebenden Faserorientierungen. Infolge der biaxialen Dehnströmungen richten sich die Fasern parallel zur Bindenahtebene aus, in ähnlicher Weise wie die oben besprochenen molekularen Orientierungen (siehe Bild 3). Dies ist für die Festigkeit der Naht sehr ungünstig ein Verstärkungseffekt durch die Fasern über die Nahtebene findet nicht statt.
In Bild 7, links ist eine mikroskopische Aufnahme in senkrechter Richtung auf die Bruchfläche der Bindenaht eines kurzfaserverstärkten Kunststoffs zu sehen. Es ist gut zu erkennen, dass die Mehrzahl der Fasern parallel zur Bindenahtebene orientiert sind. Ein molekularer Ausheilungsprozess kann zudem auch nur im Matrixmaterial stattfinden. Flächenmäßig ist die Matrixquerschnittsfläche in der Naht um den Anteil den die Fasern einnehmen reduziert. Man kann hieraus ableiten, dass als maßgebende Einflussgrößen bei den faserverstärkten Kunststoffen Faser- bzw. Matrixvolumenanteil und Matrixfestigkeit eine Rolle spielen. Hierdurch ist auch die große Streuung der Bindenahtfaktoren in Bild 4 erklärbar, da Kunststoffe mit sehr unterschiedlichen Fasergehalten untersucht wurden.
In Bild 8 ist der Bindenahtfaktor für kurzfaserverstärkte Kunststoffe in Abhängigkeit des Faservolumenanteils (nicht Fasergewichtsanteils!) dargestellt. In halblogarithmischer Auftragung lässt sich der Zusammenhang in erster Näherung gut über eine Geradengleichung approximieren (im Diagramm blau). Der Faseranteil allein erklärt also schon gut die Entwicklung der Bindenahtfestigkeit.
Durch Einbeziehen weiterer Faktoren lässt sich nun die Genauigkeit des Modells erhöhen, die maßgebenden physikalischen Effekte geben hierzu Hinweise. Es wird ein multiples lineares statistisches Regressionsmodell ermittelt, in das nur Faktoren einfließen, die zu einer Irrtumswahrscheinlichkeit von α = 5% statistisch signifikant sind. Die Signifikanz des Modells wurde mit einem globalen F-Test des Regressionsmodells überprüft. Zur Bewertung der Modellgüte, also wieviel Varianz der Daten über das Modell erklärt werden, wurde das Bestimmtheitsmaß R2 ermittelt.
Folgende Faktoren gehen in das Modell ein:
- f (Faservolumenanteil)
- Matrix-Viskosität
- Verhältnis Matrix-Festigkeit/Composite-Festigkeit
Da ein nichtlinearer Zusammenhang zwischen Bindenahtfaktor und Faservolumenanteil besteht, wie oben gezeigt, wird der Faservolumenanteil zuerst mit einer geeigneten Funktion einer nichtlinearen Transformation unterzogen. Die Ergebnisse, die das Modell liefert und die Modellgleichung sind in Bild 9 zu sehen.
Aufgetragen sind vorhergesagte über gemessenen Bindenahtfaktoren, Punkte auf der 45°-Geraden entsprechen einer exakten Übereinstimmung. Es wird ein adjustiertes Bestimmtheitsmaß R2 = 91,1 % erzielt, die einzelnen Faktoren als auch das Gesamtmodell sind statistisch hochsignifikant, obwohl nur eine vergleichsweise kleine Stichprobe von 25 Datenpunkten eingegangen ist. Dies ist ein erstaunlich gutes Ergebnis insbesondere auch weil nur reine Werkstoffkennwerte und keine Prozessdaten berücksichtigt wurden und das Modell eine breite Gruppe von Matrix-Basispolymeren abdeckt. Einschränkend zu erwähnen ist an dieser Stelle, dass das Modell für stagnierende Bindenähte gültig ist (meist konservative Abschätzung), bei Fließnähten mögen Prozessparameter einen größeren Einfluss haben.
Die Transformationsfunktion und die Zahlenwerte der Modellkoeffizienten sind hier nicht offengelegt. Das Modell wird in dieser oder einer weiter optimierten Version in MatScape und S-Life Plastics implementiert.
Takeaways
Plausible Abschätzungen der Bindenahtfestigkeiten für die verschiedenen Kunststoffklassen können bereits mit Bordmitteln gemacht werden, ohne ein genaueres multiples Regressionsmodell. Folgende Faustregeln können verwendet werden:
- Bindenähte mit Zusammenfließwinkeln ≥ 135° können vernachlässigt werden (alle Kunststoffklassen)
- Für teilkristalline unverstärkte Kunststoffe kann ein pauschaler Bindenahtfaktor von 0,85 verwendet werden (siehe Bild 4)
- Für amorphe unverstärkte Kunststoffe (außer leichtfließende) kann ein pauschaler Bindenahtfaktor von 0,45 verwendet werden (siehe Bild 4)
- Amorphe unverstärkte leichtfließende Kunststoffe mit Viskositäten vergleichbar zu Polycarbonat, können wie teilkristalline unverstärkte Kunststoffe behandelt werden (siehe Bild 4)
- Für kurzfaserverstärkte Kunststoffe (amorph und teilkristallin) kann die Regressionsgleichung in Bild 8 oder eine individuelle Funktion f(Faservolumenanteil) verwendet werden
Die genannten pauschalen Faktoren und Gleichungen gelten für kurzzeitige statische Beanspruchungen. Für langzeitige und schwingende Beanspruchungen können andere Werte gelten. Ebenso basieren die Zusammenhänge auf der Annahme „normaler“ Spritzgießprozessbedingungen, in hochorientierten dünnwandigen Bauteilbereichen (z.B. Filmscharniere) mögen andere Zusammenhänge gelten.
Fazit
Bindenähte stellen im Hinblick auf die Festigkeitsbewertung regelmäßig ein Problem dar. Mit den genannten einfachen Faustregeln kann zumindest ein Teil der Unsicherheit beseitigt werden, die Abschätzungen können als konservativ betrachtet werden. Hier nicht angesprochen wurde die Frage welche Versagenshypothese in Bindenähten anzuwenden ist (duktil, spröde) und die Ausrichtung der Bindenaht zur Hauptbeanspruchungsrichtung. Die Bindenahtposition und -ausrichtung im Bauteil muss dazu bekannt sein. Diese Aspekte werden mit Hilfe des Bindenaht-Mappings in Converse, des Festigkeitsnachweises mit S-Life Plastics und dem integrierten Materialmodellierungs-Modul MatScape in zukünftigen Versionen adressiert.
Converse und S-Life Plastics können entweder direkt über PART Engineering oder auch über die Altair Partner Alliance bezogen werden.
[1] C. Hopmann, „Integrative Festigkeitsanalyse kurzfaserverstärkter Thermoplastbauteile unter Berücksichtigung des Einflusses von Bindenähten“, Institut für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen, Aachen, IGF 16311N, Juni 2012.
[2] S. Fellahi, A. Meddad, B. Fisa, und B. D. Favis, „Weld lines in injection-molded parts: A review“, Advances in Polymer Technology, Bd. 14, Nr. 3, S. 169–195, 1995, doi: doi.org/10.1002/adv.1995.060140302.
[3] G. Jadhav u. a., „Weld-lines and its strength evaluation in injection molded parts: A review“, Polymer Engineering & Science, Bd. 63, Nr. 11, S. 3523–3536, 2023, doi: doi.org/10.1002/pen.26470.
[4] I. S. Dairanieh, A. Haufe, H. J. Wolf, und G. Mennig, „Computer simulation of weld lines in injection molded poly(methyl methacrylate)“, Polymer Engineering & Science, Bd. 36, Nr. 15, S. 2050–2057, 1996, doi: doi.org/10.1002/pen.10600.
[5] I. Kuehnert, Y. Spoerer, und M. Zimmermann, „Weld lines in injection molded parts: strength, morphology and improvement“, in Proceedings of SPE Antec, Indianapolis, Indiana, USA, 2016.
[6] J. Kim, J. Song, S. Chung, und T. Kwon, „Morphology and mechanical properties of injection molded articles with weld-lines“, Polymer Engineering & Science, Bd. 37, S. 228–241, Jan. 1997, doi: https://doi.org/10.1002/pen.11665.
Autor: Dr. Wolfgang Korte ist Geschäftsführer bei der PART Engineering GmbH, Bergisch Gladbach