Pro4AI - KI-Modelle für die Festigkeit
KI-gestütze Vorhersage der Ausfallwahrscheinlichkeit von Kunststoffbauteilen
Im Rahmen des Projekts „Pro4AI“ (Probabilistic Prognosis of Product Properties
by Artificial Intelligence) werden KI-gestützte Methoden entwickelt, die eine effizientere Berechnung und präzisere Vorhersage der Ausfallwahrscheinlichkeit von Bauteilen ermöglichen. Hierbei werden insbesondere die Thematik der probabilistischen Festigkeitsvorhersage und des Tragfähigkeitsnachweises adressiert. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem ipf - Institut für Polymerforschung in Dresden durchgeführt.
Deterministische vs. probabilistische Simulation
Eine Simulation ist deterministisch, sie basiert auf der numerischen Lösung von Differentialgleichungen, die einen physikalischen Zusammenhang abbilden. In der Realität unterliegen Produkteigenschaften aber unvermeidbaren Streuungen. Im Falle von kurzfaserverstärkten Kunststoffen z.B. Streuungen der Festigkeit u.a. durch die statistische Faserkonfiguration (Bild 1). Die übliche Simulation kann dies nicht erfassen, deshalb wird mit Sicherheitsfaktoren gearbeitet (Bild 2). Diese kompensieren die Streuungen, um ein Produktversagen zu vermeiden. Sie sind deshalb großzügig gewählt. Dies geht auf Kosten der Wirtschaftlichkeit (erhöhter Materialeinsatz). Um diese Nachteile zu überwinden, wurde die probabilistische Simulation entwickelt, die Streuungen in den Materialeigenschaften und Lasten berücksichtigt. Hier unterliegen auch die Eingangsdaten einer Verteilung, was dann auch zu einer Verteilung der Ausgangsdaten führt (Bild 2). Diese Methode ermöglicht es, realistischere Vorhersagen über das Verhalten von Bauteilen unter Belastung zu treffen und somit auf übermäßige Sicherheitsfaktoren zu verzichten. Die genauere Vorhersage wird allerdings mit einem erheblich erhöhten Rechenaufwand erkauft. Aus diesem Grunde wird im Rahmen des Projekts das numerische Simulationsmodell eines RVE (Bild 1) durch ein KI-basiertes Modell ersetzt, das um Größenordnungen schneller arbeitet. Hiermit kann dann mit erheblich reduziertem Aufwand dennoch eine Aussage zur Versagenswahrscheinlichkeit getroffen werden.
Festigkeits- vs. Tragfähigkeitsnachweis
In der Praxis erfolgt die Bewertung der mechanischen Integrität von Bauteilen in der Regel über die Auswertung eines lokalen Werkstoffversagens, also die Festigkeit des Werkstoffes als solchem. Die Festigkeit ist dann festgelegt über die mikromechanische Struktur des Werkstoffes und seinen Aufbau auf atomarer (Metalle) oder molekularer (Polymere) Ebene. Das Versagen tritt örtlich begrenzt auf und führt zwar zur Überschreitung der werkstofflichen Festigkeitsgrenzen (Bild 3, Erreichen der elastischen Grenzlast) jedoch nicht zwangsläufig zu einem Totalversagen des Bauteils. Eine andere Sichtweise ist die Bewertung des Bauteils im Hinblick auf seine Fähigkeit eine gegebene Lastsituation ohne Verlust seiner Tragfähigkeit zu ertragen. Unter Tragfähigkeitsverlust wird das globale Versagen von tragenden Querschnitten durch Ausfließen oder Bruch verstanden, das immer zu einem Bauteilversagen führt (Bild 3, Bauteilquerschnitt versagt). Die Tragfähigkeit ist eine technologische Versagensgrenze, die auch von den konstruktiven Gegebenheiten abhängt. Es wird ein KI-Modell entwickelt, das den Tragfähigkeitsnachweis erheblich vereinfacht, da numerisch schwierige und langwierige nichtlineare FEM-Analysen bis in den Bereich des plastischen Kollaps vermieden werden.